Ein Stromausfall mit Folgen

Monika Wendel, Oliver von Riegen und Verena Schmitt-Roschmann

Von Monika Wendel, Oliver von Riegen und Verena Schmitt-Roschmann (dpa)

Mi, 06. März 2024

Deutschland

Autobauer Tesla produziert in Grünheide bei Berlin seit zwei Jahren Elektrofahrzeuge. Nun brannte nach einem mutmaßlichen Anschlag ein Strommast – Elon Musks Fabrik steht vorerst still.

Ein mutmaßlicher Anschlag hat die einzige Tesla-Autofabrik in Europa in Grünheide bei Berlin mit einem Stromausfall lahmgelegt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus und prüft ein Bekennerschreiben. Das Unternehmen von Elon Musk setzt die Produktion für mindestens diese Woche aus. Die linksextremistisch eingestufte "Vulkangruppe" teilte am Dienstag mit: "Wir haben heute Tesla sabotiert." Die Gruppe wirft Tesla per Mail "extreme Ausbeutungsbedingungen" vor.

Tesla rechnet mit wirtschaftlichen Schäden im "hohen neunstelligen Bereich". "Wir sind tief bestürzt über das, was heute passiert ist", sagte Werksleiter André Thierig. Er sprach von zwei weiteren Anschlägen in der Umgebung in den vergangenen Jahren. "Wir rechnen aktuell nicht damit, dass wir im Laufe dieser Woche die Produktion wieder hochfahren können." Man sei auf solche Fälle vorbereitet, "aber wenn die komplette Stromleitung unterbrochen wird, gibt es auch keine Pläne, wie man dem vorbeugen kann".

Tesla-Chef Musk reagierte sauer angesichts des Produktionsstopps. "Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben", schrieb Musk am Dienstag auf X. "Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, ist extrem dumm."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Tat. "Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist", sagte sie. "Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg, dass in der linksextremistischen Szene vor Angriffen auf kritische Energie-Infrastrukturen nicht zurückgeschreckt wird." Das könne Tausende Unbeteiligte betreffen.

Unbekannte setzten nach Angaben des Innenministeriums am frühen Dienstagmorgen einen Hochspannungsmast bei Steinfurt, einem Ortsteil von Gosen-Neu Zittau in Ostbrandenburg, in Brand. Die Polizei wurde gegen 5.15 Uhr über das Feuer informiert. Der Mast stand frei auf einem Feld und war nicht umzäunt. Die Stromversorgung der umliegenden Gemeinden lief seit dem späten Dienstagvormittag wieder – mit Ausnahme des Tesla-Werks und einem Logistikzentrum.

Der Staatsschutz des Landeskriminalamts nahm die Ermittlungen auf. "Wir haben Kenntnis erhalten von einem Bekennerschreiben, das wir derzeit prüfen", sagte eine Polizeisprecherin. Die als linksextremistisch eingestufte "Vulkangruppe", die sich zu dem "Anschlag auf die Stromversorgung" bekannte, ist dem Verfassungsschutz bekannt. Sie stand bereits 2021 im Verdacht, einen Brandanschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Baustelle verübt zu haben. Der Verfassungsschutz Brandenburg schrieb in seinem Bericht 2021 zudem: "In den vergangenen Jahren hatten mehrmals Linksextremisten als ,Vulkangruppen‘ Brandanschläge in Berlin verübt."

Tesla musste jüngst bereits knapp zwei Wochen die Produktion wegen der unsicheren Lage im Roten Meer und fehlender Teile stilllegen. Und bei einer Bürgerbefragung in Grünheide stimmte eine klare Mehrheit gegen die geplante Erweiterung des Firmengeländes, wofür Wald gerodet werden müsste. Seit Donnerstag halten bis zu 100 Umweltaktivisten einen Teil des dortigen Landeswaldes besetzt.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnte vor einer Form von Terrorismus und sieht die Wirtschaft in Gefahr. "Wenn der Hintergrund wirklich sein sollte, hier einem Wirtschaftsunternehmen – nämlich Tesla – Schaden zuzufügen, dann hat es natürlich auch Konsequenzen für die gesamte Wirtschaft in Deutschland", sagte Woidke in Potsdam. Der mutmaßliche Anschlag auf die Strominfrastruktur sei "ein nicht hinnehmbarer Akt der Gewalt". Auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) verurteilte den mutmaßlichen Anschlag. "Es ist von denjenigen, die diesen Anschlag verübt haben, billigend in Kauf genommen worden, dass Menschen dadurch verletzt werden", sagte er. "Ich glaube, das ist eine neue Qualität."

Umweltaktivisten, die in einem Wald nahe der Fabrik gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes protestieren, wiesen einen Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Anschlag zurück. "Mit unseren Körpern und Baumhäusern stellen wir uns der Erweiterung der Fabrik entgegen. Dabei gefährden wir keine Menschenleben", teilte die "Initiative Teslastoppen" mit. Sie müssen mit Räumung rechnen. Die Landesregierung prüft, ob sie das Protestcamp neu bewertet. "Das kann auch die Beendigung der Duldung bedeuten", sagte Steinbach. Der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg – die Bürgerinitiative gegen Tesla – distanzierte sich: "Dieser Anschlag schadet unserer Arbeit."

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