Energieversorger

EnBW-Chef wirft nach Streit hin

dpa/BZ

Von dpa & BZ-Redaktion

Fr, 08. März 2024 um 17:59 Uhr

Wirtschaft

Paukenschlag beim Karlsruher Energieversorger EnBW: Der Vorstandschef Andreas Schell legt sein Amt nach Unstimmigkeiten über die Strategie mit sofortiger Wirkung nieder. Nun übernimmt der bisherige Nachhaltigkeitschef.

EnBW-Vorstandschef Andreas Schell hat im Streit über den weiteren Kurs des Energieversorgers überraschend seinen Hut genommen. Der 54-Jährige habe sein Amt mit Wirkung zum Ablauf des 8. März 2024 niedergelegt, teilte das Unternehmen am Freitag in Karlsruhe mit. Der Aufsichtsrat habe der Entscheidung in einer außerordentlichen Sitzung zugestimmt. Schell hatte den Chefposten bei EnBW erst im November 2022 angetreten – mit einer Vertragslaufzeit von drei Jahren.

An die Konzernspitze rückt nun Vorstandsmitglied Georg Stamatelopoulos (54), der im Vorstand bisher das Thema Nachhaltigkeit verantwortete. Stellvertretender Vorstandsvorsitzender wird Thomas Kusterer (55), seit 2011 Finanzvorstand der EnBW. Kusterer ist außerdem Verwaltungsratspräsident beim Laufenburger Versorger Energiedienst sowie Mitglied des Aufsichtsrats beim Waldkircher Sensorbauer Sick.

Wesentlicher Grund für den Wechsel waren den Angaben nach Meinungsverschiedenheiten: Zwischen dem Aufsichtsrat und Schell habe es in entscheidenden Fragen der strategischen Weiterentwicklung des Unternehmens unterschiedliche Auffassungen gegeben. "Trotz intensiver Diskussionen konnte in den vergangenen Monaten keine Einigkeit (...) erzielt werden", teilte EnBW-Aufsichtsratschef Lutz Feldmann mit. Man bedauere den Schritt, der im gegenseitigen Einvernehmen stattfinde.

Über welche Fragen gestritten wurde, ließ der Konzern offen. Neben Zwischenmenschlichem könnten Aspekte wie das Thema grüne Energien und das Tempo beim Entwickeln einer Konzern-Strategie eine Rolle gespielt haben. Unter Schell-Vorgänger Frank Mastiaux hatte der drittgrößte Energiekonzern Deutschlands den Atomausstieg eingeläutet, konsequent umgesetzt und stark in erneuerbare Energien investiert. Dennoch spielen Kohle und Gas weiter eine große Rolle. Das wurde zuletzt durch die Energiekrise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich. Dennoch verkündete EnBW vor rund einem Jahr, schon 2028 aus der Kohle aussteigen zu wollen.

Schell führte Mastiaux’ Kurs also im Grunde weiter – betonte aber auch, dass dafür die politischen Rahmenbedingungen stimmen müssten. Hier ist etwa die Kraftwerkstrategie der Bundesregierung zu nennen, die lange auf sich warten ließ und zu der erste Pläne des Wirtschaftsministeriums aus Sicht der EnBW zu kurz greifen. Anfang März hatte der Konzern Regina Wilde als neue Strategiechefin ins Haus geholt. Eine Woche später folgt nun der Abgang Schells.

Der war 2022 mitten in der Energiekrise vom Motorenbauer Rolls-Royce gekommen. Nun ist die Energiebranche ein anderes Terrain, der Markt ist gerade in der vergangenen beiden Jahren kein leichter gewesen. Hinzu kommt die besondere Struktur der EnBW: Sie ist seit 2011 größtenteils im öffentlichen Besitz. Das Land Baden-Württemberg sowie der Zusammenschluss OEW von neun oberschwäbischen Landkreisen halten jeweils fast 47 Prozent. Entsprechend vielfältig sind die Forderungen im Aufsichtsrat, in dem Landräte, Gewerkschafter und Indtustrievertreter sitzen. Die Fußstapfen des Vorgängers waren für Schell groß, Mastiaux galt als "Menschenfischer". Der neue Vorstandschef hat Heimvorteil: Stamatelopoulos – hausintern gerne "Stama" genannt – kennt den Markt und die EnBW seit Jahren.

Seit Juni 2021 verantwortet er das Ressort "Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur" im Vorstand und ist noch viel länger im Konzern mit dem Thema befasst: "Georg Stamatelopoulos hat in den vergangenen fast 15 Jahren bei der EnBW den Umbau der Erzeugung in verschiedenen Positionen äußerst erfolgreich vorangetrieben", so Feldmann. Das beinhalte einerseits den starken Ausbau von Wind- und Solarenergie bei gleichzeitiger Planung neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke, andererseits den Ausstieg aus der Atomenergie und absehbar auch aus der Kohleverstromung. Stamatelopoulos wurde bis 31. Mai 2029 ernannt.

Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne), der für das Land im Aufsichtsrat sitzt, lobte ihn als "erfahrenen Energiemanager, der die EnBW sehr gut kennt." Der Konzern hat 5,5 Millionen Kunden und erwartet 2023 ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von bis zu 6,5 Milliarden Euro. Die Bilanz soll Ende März vorgelegt werden.

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